Jahre der Kooperation von BDP und Gewerkschaften

Die Zusammenarbeit hat Tradition: Im Januar 1984 wurde der Kooperationsvertrag zwischen dem BDP und der damaligen Deutschen Angestellten Gewerkschaft (DAG) geschlossen. Im Jahr zuvor gab es vielfältige Überlegungen und auch Konsultationen mit anderen Gewerkschaften. In Verhandlungen mit der früheren Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV) wurde dem BDP erklärt, dass diese nur Einzelpersonen vertritt und nicht mit Berufsverbänden kooperiert. Die Komba, eine Beamtengewerkschaft, war an einer Zusammenarbeit mit dem BDP interessiert gewesen. Jedoch war für die BDP-Spitze die Kooperation mit der einflussreichere Deutschen Angestelltengewerkschaft (DAG) erstrebenswerter.
Der damalige BDP-Präsident Rudolf Raber und Herbert Groos (Vorsitzender des Bundesausschusses Angestellte und Beamtete Psychologen, BAP) erkannten 1983, dass die Psychologenschaft einen Kooperationspartner benötigt, der in der Lage ist, tarifliche Forderungen der Psychologinnen und Psychologen durchzusetzen, um die angemessene Verankerung des noch relativ jungen Berufes, der seine Bedeutung stark erweiterte und in neue Berufsbilder strebte, zu erreichen.
1998 empfahlen DAG und ÖTV bei den Vorbereitungen zur Bildung einer Dienstleistungsgewerkschaft (der heutigen Gewerkschaft ver.di), ihre Verpflichtungen gegenüber den Berufsverbänden in die Neustrukturierung einzubringen, was so vollzogen wurde. Ver.di übernahm bestehende Kooperationsverträge.
2005 löste eine gemeinsame Absichtserklärung von BDP und ver.di den ersten Kooperationsvertrag ab. Diese wurde 2012 durch eine neue Kooperationsvereinbarung von BDP und ver.di ersetzt. Die Kooperation wird gepflegt. Am 7. Juli 2016 ist das nächste BDP-ver.di-Spitzengespräch terminiert.
Bereits seit 2000 pflegt die Sektion Schulpsychologie die offizielle Zusammenarbeit mit der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Vorher bestanden individuelle Verbindungen und Konsultationen, genau wie die von BDP-Mitgliedern mit der früheren ÖTV und anderen Gewerkschaften.

Tarifpartner der Arbeitgeber sind Gewerkschaften
Der BDP hat weitere Kooperationspartner, die zusammenwirken, wenn es um die Belange und die Verankerung der wissenschaftlichen Psychologie in Gesellschaft und Arbeitsleben und um die Anerkennung der Anwendungsfelder der Psychologie geht. Wenn es jedoch um Arbeitsplätze und die Vergütung für die abhängig beschäftigten Psychologen geht, ist dies eine genuine Aufgabenstellung der tarifverhandelnden Gewerkschaften.

Was ist ein Tarifvertrag?
Der Tarifvertrag ist ein Vertrag zwischen einer Gewerkschaft und einem Arbeitgeber beziehungsweise Arbeitgeberverband. Tarifverträge müssen sich nach dem Tarifvertragsgesetz richten. Während der Gültigkeit eines Tarifvertrags gilt die Friedenspflicht. Anschließend können die Parteien in einem Arbeitskampf nach gesetzlichen Regeln um einen neuen Tarifvertrag ringen. Auch private Arbeitgeber können mit ver.di einen Haustarifvertrag schließen.
Der Tarifvertrag gilt zusätzlich zum Arbeitsvertrag. Nach dem Günstigkeitsprinzip geht eine für den Arbeitnehmer günstigere arbeitsvertragliche Regelung der Tarifvereinbarung vor. Sie gilt grundsätzlich nur für die Gewerkschaftsmitglieder und den Arbeitgeber. Um Arbeitnehmern die Motivation für einen Gewerkschaftsbeitritt zu nehmen, wenden die Arbeitgeber den Tarifvertrag meistens auch auf Arbeitnehmer an, die nicht Gewerkschaftsmitglied sind. Dafür wird im Arbeitsvertrag eine Bezugnahmeklausel eingefügt. Tarifverträge sind veröffentlicht, meist bei den Arbeits- und Sozialministerien.

Aufruf zur Mitgliedschaft
Die Sektion Angestellte und Beamtete Psychologen (ABP) rief und ruft öfter auf, sich im BDP und in Gewerkschaften zu organisieren. Sie informiert zum Beispiel über Tarifverhandlungen. Das führt in Einzelfällen auch zu Unverständnis unter den BDP-Mitgliedern, die mutmaßen, Lobbyarbeit sei für den Berufsverband sinnvoller, um die Psychologenschaft in der Arbeitswelt angemessen zu verankern.

Was hat dem BDP die Kooperation mit der Gewerkschaft beziehungsweise mit den Gewerkschaften gebracht?
In der Vergangenheit: Kurz nach der Wende sollten die Angestelltengehälter im öffentlichen Dienst deutlich abgesenkt werden, was auch die Psychologen getroffen hätte. Die Kooperation der Sektion ABP in der DAG-Konferenz der Berufe im Gesundheitswesen brachte die rasche Abwendung dieser Gefahr.
Auch das Jahr 1993 lässt sich hervorheben: Im Regierungsentwurf (Internes Diskussionspapier vom 1.Oktober 1993) zu einem Psychotherapeutengesetz (PsychThG) waren angestellte und beamtete klinische Psychologen in Institutionen von der Geltung eines PsychThG ausgeschlossen. Die Stellungnahme der DAG unterstützte den BDP und bewirkte deren Einbeziehung im damaligen Referentenentwurf. Bezüglich des nachfolgenden Kabinettsentwurfs kritisierten der BDP und die DAG die unklare Stellung der angestellten und beamteten Psychologen, insbesondere die der Psychologen in der praktischen Tätigkeit als Praktikanten. Hier wurde leider keine Veränderung erreicht. Nach Inkrafttreten des Psychotherapeutengesetzes (PsychThG) 1999, in dem die Gleichwertigkeit der Psychotherapeuten in Institutionen nicht in dem Maße durchgesetzt werden konnte wie in der Niederlassung, stellte sich die Unterstützung eines Kooperationspartners noch deutlicher heraus als zuvor. Bereits vor der Verabschiedung des PsychThG, niedergelegt im Gründungsprotokoll der Sektion, kämpften BDP und ABP für die angemessene Stellung und Vergütung von Psychotherapeuten in Ausbildung (PiA – dieser Name wurde von der SABP gefunden und verbreitet) sowie der Psychologischen Psychotherapeuten (PP) und der (damals psychologischen) Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (KJP). DAG und später ver.di trugen die Forderungen mit.
In der Gegenwart: Die bisher geplante flächendeckende Umsetzung des pauschalierenden Entgeltsystems für Psychiatrie und Psychosomatik (PEPP) ist gestoppt. Es sollte ein Gesetz werden. Ver.di schreibt: »Ein großer Erfolg für das breite Bündnis von Fachverbänden, Zivilgesellschaft und ver.di. Zusammen haben wir das erreicht. Unser gemeinsames Engagement hat uns einen großen Schritt vorangebracht! Es bleibt jedoch noch viel zu tun, um sicherzustellen, dass ein neues Finanzierungssystem eine bedarfsgerechte Personalausstattung verbindlich sicherstellt.« Nun soll die Personalverordnung für die Psychiatrischen Kliniken (PsychV) um die neuen Berufe, zum Beispiel Psychologischer Psychotherapeut und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut, ergänzt werden. Der Beruf des Psychologen ist bereits seit Beginn in der PsychPV enthalten.
Ver.di hatte im Verbund mit dem BDP und der SABP jahrelang die angemessene Vergütung von Psychologischen Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten sowie von Psychotherapeuten in Ausbildung (PiA) gefordert und, als sich herausstellte, dass hierfür nur eine Novellierung des PsychThG eine Chance bietet, auch diese gefordert.
Es wird sich zeigen, ob in nächster Zukunft das PsychThG novelliert wird und wie diese Gesetzeserneuerung inhaltlich aussieht und wie sie sich auswirken wird.

Clivia Langer, Prof. Jürgen Hille, Walter Roscher