Weniger Lebenszufriedenheit nach Jobverlust

Auf Basis von Daten der Langzeitstudie Sozio-oekonomisches Panel (SOEP), die zwischen 2007 und 2014 erhobenen wurden, haben Wissenschaftler der Freien Universität Berlin und des DIW Berlin mithilfe panelökonometrischer statistischer Verfahren Veränderungen in der Lebenszufriedenheit und im emotionalen Wohlbefinden vor und nach einem Verlust des Arbeitsplatzes untersucht. Mit der Lebenszufriedenheit werden die kognitiven Bestandteile des Wohlbefindens, also resümierende Bewertungen der jeweiligen derzeitigen Verfassung, erfasst, wohingegen die emotionalen Aspekte auf aktuelle Gefühlslagen verweisen.

Anders als in früheren Studien nutzten die Forscher kein zusammengefasstes Maß für das emotionale Wohlbefinden, sondern betrachteten die vier im SOEP erhobenen Emotionen (Angst, Ärger, Traurigkeit, Glück) getrennt voneinander. So konnten sie erstmals differenzierte Aussagen über die durch Arbeitslosigkeit hervorgerufenen Veränderungen spezifischer Emotionen treffen.
Tatsache ist, dass auch lange Zeit nach einem Jobverlust Arbeitslose nicht wieder das Niveau an Lebenszufriedenheit erreichen, auf dem sie sich vor der Arbeitslosigkeit befunden haben. Die Untersuchung, die der Direktor des Sozio-oekonomischen Panel (SOEP) im DIW Berlin, Jürgen Schupp, und die Soziologen Christian von Scheve und Frederike Esche von der Freien Universität Berlin auf Basis der SOEP-Daten erstellt haben, zeigt jedoch, dass dies nicht so sehr auf die emotionale Befindlichkeit der Betroffenen zurückzuführen ist. Vielmehr spielt die kognitive Wahrnehmung des eigenen Wohlbefindens dabei eine wichtige Rolle.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fanden heraus, dass mit dem Jobverlust die Lebenszufriedenheit nachhaltig abnimmt und Arbeitslose langfristig deutlich häufiger Traurigkeit und Freudlosigkeit empfinden. Der Verlust des Arbeitsplatzes geht jedoch nur kurzfristig mit einem häufigeren Erleben von Angst einher und steht in keinem bedeutenden Zusammenhang mit dem Empfinden von Ärger. Darüber hinaus zeigen die SOEP-Daten: Die Veränderungen im emotionalen Wohlbefinden sind unabhängig von der Persönlichkeit der Betroffenen. „In Phasen der Arbeitslosigkeit sind alle Menschen ängstlicher als zuvor oder danach – unabhängig davon, wie ängstlich sie sonst sind“, erklärt der SOEP-Direktor Jürgen Schupp. Wenngleich frühere Studien bereits die schädlichen Effekte von Arbeitslosigkeit auf das kognitive und affektive Wohlbefinden dokumentiert haben, gab es bislang keine Vergleiche dieser beiden Dimensionen. Die vorliegende Studie schließt diese Lücke.

Das Sozio-oekonomische Panel (SOEP) ist die größte und am längsten laufende multidisziplinäre Langzeitstudie in Deutschland. Das SOEP im DIW Berlin wird als Teil der Forschungsinfrastruktur in Deutschland unter dem Dach der Leibniz-Gemeinschaft vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und den Ländern gefördert. Für das SOEP werden seit 1984 jedes Jahr vom Umfrageinstitut TNS Infratest Sozialforschung in mehreren tausend Haushalten statistische Daten erhoben. Zurzeit sind es etwa 30.000 Personen in etwa 15.000 Haushalten.

Kontakt: Prof. Dr. Christian von Scheve, Institut für Soziologie der Freien Universität Berlin, Telefon: 030 / 838-57695, E-Mail: christian.von.scheve@fu-berlin.de