Engagement in der Flüchtlingshilfe kostet und gibt gleichzeitig Kraft

Als ich im August von meinem Urlaub in Ungarn Richtung Deutschland fuhr, begegnete mir das ganze Elend, das in unzähligen TV-Berichten bereits geschildert worden war, in der Realität aber eine noch viel stärkere Wirkung entfaltete. Ich sah ausgehungerte Menschen jeden Alters, Flüchtlinge, die vor Erschöpfung zusammenbrachen, ich sah prügelnde Polizisten in Grenznähe und schließlich den Zaun aus NATO-Draht, den viele zu überwinden versuchten und sich dabei zum Teil schwer verletzten. Ich konnte unter dem Eindruck des Geschehens nicht anders als mich an dem Autokorso zu beteiligen, in dem Flüchtlinge in privaten Pkw über die Grenze nach Österreich gebracht wurden.

Zu Hause angekommen beteiligte ich mich an weiteren Hilfsaktionen. Es gibt hier einen Verein „Alternative e.v. – Refugees Welcome“. Wir helfen mit Essen und Trinken, mit Kleidung, Decken, Kinderspielzeug. Manche Flüchtlinge sitzen apathisch in einer Ecke. In solchen Fällen reagiert eine Crew von Ärzten Psychologen, Psychotherapeuten und Krankenpflegern. Ich bin ein Teil dieses Teams, das ehrenamtlich Flüchtlinge mit gesundheitlichen Problemen versorgt.

Wir sind mehr als 60 Kolleginnen und Kollegen aus dem Gesundheitswesen, die Flüchtlingen unbürokratisch im Rahmen der Erstversorgung helfen. Ich habe auch Kleidung und Decken in die Hamburger Messehallen gebracht und erlebte dort sehr viele Freiwillige und eine tolle Stimmung trotz großer Sprachprobleme. Inzwischen betreue ich in Hamburg und Schleswig-Holstein mehrere syrische Familien. In meiner Praxis behandle ich traumatisierte Flüchtlinge; wenn ich mit meinen Englisch- und Französisch-Kenntnissen nicht weiter komme, auch mit Hilfe von Dolmetschern. Das Schwierigste ist immer der Papierkrieg; es muss jedes Mal ein Behandlungsschein von den Behörden ausgestellt und ein Dolmetscher genehmigt werden. Und einige syrische Flüchtlinge, die ich an einer Autobahnauffahrt aufgelesen habe, wo sie mit einem Schild mit der Aufschrift „Malmö“ standen, habe ich auch schon auf die rettende Fähre begleitet. Neben meiner beruflichen und ehrenamtlichen Arbeit ist die Flüchtlingshilfe eine weitere kraftzehrende Aufgabe. Manchmal habe ich jedoch das Gefühl, sie gebe mir durch ihre Sinnhaftigkeit auch viel Kraft zurück.

Ich achte alle Anstrengungen von Freiwilligen sehr. Aber ich bin auch überzeugt, dass unser Land sehr rasch eine richtige Strategie zum Umgang mit der Flüchtlingsproblematik benötigt. Darum habe ich mich persönlich mit einigen Überlegungen an Innenminister Maiziere gewandt. Zugleich sehe ich für den BDP aber die Verpflichtung, sich bei diesem Thema viel deutlicher zu äußern und sich zu engagieren. Ich hoffe auf eine baldige Reaktion des Verbandsvorstands und auf gemeinsame Aktivitäten aller Landesgruppen und Sektionen.

Laszlo A. Pota, September 2015